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Der besondere Auftritt

(21. November 2024) Mancher Auftritte erinnert man sich noch lange, weil sie so schrecklich waren, weil die zu Unterhaltenden sich lieber unterhalten hätten, oder weil sie betrunken waren oder aus irgendeinem anderen Grunde einfach keine Lust auf Zauberei hatten. Von meinem all time favorit berichtet ein Zauberfreund, der für eine Firmenfeier engagiert wurde und der vom Chef mit den Worten vorgestellt wurde: „Der Firma geht’s schlecht, wir werden viele von Euch entlassen müssen – aber jetzt kommt erst mal der Zauberer …“.

Manche Auftritte sind aber auch denkwürdig, weil sie so viel Spaß gemacht haben und einfach „besonders“ waren. Alex Morgenthau, Sebastian Haug, Harry Keaton und ich, Karsten Meyerhoff, in der JVA Weiterstadt, das war so ein besonderer, denkwürdiger Auftritt. Er beginnt damit, dass wir zu Dritt im Bühnenkostüm vor der Pforte stehen, auf den vierten Künstler warten und ein Kordon von Polizeifahrzeugen in die Sicherheitsschleuse einzufahren im Begriffe ist. Einem der Fahrzeuge entsteigen Polizisten, die aussehen, wie in einem Thriller: Schwarz gekleidet, Sturmhauben, schusssichere Westen und die Maschinenpistolen im Anschlag. Wer bis jetzt noch nicht so genau gewusst haben sollte, wo er sich befindet: Jetzt weiß er’s.

Man ist unglaublich freundlich und zuvorkommend zu uns, fragt ob wir den Raum lieber so oder anders eingerichtet hätten und es stehen Getränke und ein kleiner Snack bereit. Der Raum ist super: Groß und hell, es gibt eine Bühne mit Licht- und Tontechnik und Vorhang und allem Drum und Dran – die Bühne benutzen wir aber nicht, sondern stehen lieber davor, um noch ein wenig näher am ca. 50 Häupter zählenden Publikum zu sein.

Das Publikum: Man kann sich kein enthusiastischeres solches vorstellen, man kann sich kein Publikum wünschen, das mehr mitgeht, mehr Anteil nimmt. Das geht so weit, dass ein-, zweimal darum gebeten wird, der Künstler möge doch etwas mehr in die Mitte treten, damit man besser sehen könne. Das ist ehrlich gesagt ziemlich großartig! Die Atmosphäre ist entspannt und gelöst, es wird applaudiert und gelacht dass es eine Art hat, es wird überaus freundlich geheckelt und reingerufen, wo denn der Hase bleibe. Ganz ehrlich: Wenn ich mir ein Publikum backen könnte, so würde es aussehen! Und wie immer unter solchen Umständen ist alles viel zu schnell vorbei.

Unser besonderer Dank gilt allen Bediensteten der JVA Weiterstadt, die diesen Auftritt möglich gemacht und ihn begleitet haben: Wir haben uns sehr wohl  und sehr willkommen gefühlt!

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Roys Rollläden

(18. November 2024) Die Zauberliteratur ist voll von unentdeckten Schätzen – eigentlich ist jeder Effekt, der nicht in den 20 einschlägig bekannten Büchern der kanonischen Zauberliteratur zu finden ist, ein hidden gem. Es steht zu vermuten, dass die Masse der Zauberer sie nicht kennt – und das Publikum demzufolge auch nicht. Aber klar: Unter all den in kleiner Auflage gedruckten Büchern gibt es die in noch kleinerer Auflage gedruckten – und nicht jeder Effekt, der in einem Buch veröffentlich ist, ist ein Schatz.

Darüber haben wir uns bei unserem Zirkelabend unterhalten und dabei ermittelt, dass der Ausdruck hidden gem neben der üblichen Bedeutung (vergessenes, unterschätztes Kunststück) eine weitere haben kann: Ein Zauberfreund wies auf einen Zaubereffekt hin, der in einem sehr, sehr langen Vorwort eines Buches verborgen sei; eben nur demjenigen zugänglich, der das Buch gewissenhaft von der ersten bis zur letzten Zeile liest.

In älteren Büchern, so stellte das Auditorium fest, sind manche Schätze auch deshalb vergessen, weil sie Requisiten benötigen, die nicht mehr ohne weiteres erhältlich sind (wer hat heutzutage schon noch eine dieser kleinen schwarzen Plastikdosen, in denen weiland analoge Filme verkauft wurden?) oder weil Chemikalien verwendet wurden, die man heutzutage nicht mehr so gerne freisetzt (ein bekannter Effekt verwendet unter anderem das hoch-giftige Quecksilber-Chlorid zur Erzeugung von Wärme und Rauch/Dampf).

P.S.: Das Titelbild dieses Beitrages zeigt übrigens ein Buch, in dem Las-Vegas-Berühmtheiten ihre Lieblingsrezepte auflisten. Ein deutschsprachiger Lektor hätte vielleicht geholfen …

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Hingabe, Geduld und Hartnäckigkeit

(11. November 2024) Der Philharmonische Verein Frankfurt (z.B. hier vertreten) hat Bruckners 5. Sinfonie sehr schön und gut gespielt, aber wenn Günter Wand und das NDR Sinfonieorchester dieses Werk interpretieren, ist das noch mal was ganz anderes. Wenn die 1. Mannschaft von Viktoria Preussen (z.B. hier vertreten) ein Fußballspiel bestreitet, kann das zweifelsohne sehr unterhaltsam sein, aber wenn Real Madrid mit Cristiano Rolando auf’m Platz steht, ist das noch mal eine ganz andere Nummer.

Der Autor dieser Zeilen ist – metaphorisch gesprochen – beim PHV die siebte Flöte und bei der ersten Mannschaft von Viktoria Preussen der Zeugwart, soweit sich das auf die Zauberkunst übertragen lässt: Was ich kann ist ausweislich ihrer Reaktionen für Zuschauer unterhaltsam und interessant.

Aber dann kommt Luke Jermay und macht ein Seminar und man sieht Günter Wand und Cristiano Ronaldo – und Pablo Picasso und Albert Einstein und Mahatma Gandhi – in einer Person. Man sieht jemanden, der Zauberei als Kunst und Wissenschaft auf höchstem Niveau betreibt, der mit Hingabe „sein Ding“ macht, und der offenkundig mit endloser Geduld und erheblicher Hartnäckigkeit daran arbeitet.

Nun kann man als Fußballspieler in der dritten Kreisklasse B nicht so spielen wie Cristiano Ronaldo, aber man versteht sein Genie – und anders als Nicht-Sportler hat man eine Ahnung davon, wieviel Arbeit der Mann investiert haben muss! Und so können alle Anwesenden nach meinem Eindruck sehr genau ermessen, was für einen geilen $ch€|ß der Luke Jermay hier vorstellt – ohne notwendigerweise in der Lage zu sein, irgend etwas ins eigene Repertoire übernehmen zu können. Der Mann ist offenkundig ein Besessener, der endlos Detailarbeit in seine Effekte investiert: Für einen Karteneffekt, der etwa sieben, acht Minuten dauert, bietet er ein Erklärvideo mit einer Laufzeit von zwei Stunden an!

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Duell der Magier

(09. November 2024) Alle drei Jahre finden die Deutschen Meisterschaften der Zauberkunst statt. Für vier Tage haben sich insgesamt 650 Zauberkünstler zum Fachkongress „Magica meets Nordisch Nobel“ in der Hansestadt Lübeck getroffen, um den neuen deutschen Meister oder die neue deutsche Meisterin zu küren. Alle 41 Wettbewerbsteilnehmer haben sich bereits im vergangenen Jahr bei den Vorentscheidungen in Kevelaer für die Deutsche Meisterschaft qualifiziert.

Die Deutsche Meisterschaft der Zauberkunst wird vom Magischen Zirkel von Deutschland (MZvD) der Vereinigung der Berufs- und Amateurzauberkünstler ausgerichtet. Wer bei der Deutschen Meisterschaft einen der der vorderen drei Plätze seiner Sparte belegt, qualifiziert sich damit für die Teilnahme an der FISM-Weltmeisterschaft der Zauberkunst im Sommer 2025 in Turin, die von der Fédération Internationale des Sociétés Magiques (FISM) ausgerichtet wird.

Zwei unserer Mitglieder stellten sich dem Duell der Magier und erlangten eine Platzierung. Carsten Skill und sein Sohn Felix überzeugten mit ihrer Darbietung „Im Zauberkeller“ die Fachjury und erreichten gemeinsam einen dritten Platz in der Sparte „Zauberkunst für Kinder“. Wir gratulieren ihnen recht herzlich zu dieser besonderen Auszeichnung!

Die hessenschau (hr-Fernsehen) berichtete am 07.11. mit einem kurzen Beitrag über das zauberhafte Vater-Sohn-Duo. Der Beitrag lässt sich in der Mediathek nachschauen.

Foto: Detlev Drenker