Der Staub der Wirklichkeit

(4. Mai 2025) „Ich habe mich sehr auf dies alles gefreut, aber die Vorfreude war , wie immer, das Beste, denn das Gute kommt immer zu spät, immer wird es zu spät fertig, wenn man sich nicht mehr recht darüber freuen kann … […] Und wenn es kommt, das Gute und Erwünschte, schwerfällig und verspätet, so kommt es, behaftet mit allem kleinlichen, störenden, ärgerlichen Beiwerk, allem Staube der Wirklichkeit, mit der man in der Phantasie nicht gerechnet hat, und der einen reizt … reizt … “ lässt Thomas Mann einen der Protagonisten seines Jahrhundertromans „Die Buddenbrocks“ sagen. Thomas Buddenbrock ist da grade zum Senator in seiner Heimatstadt Lübeck gewählt worden und seine Schwester will ihm eigentlich nur zu diesem Triumph gratulieren.

Aber es gibt sie, die Momente, in denen das Gute und Erwünschte nicht schwerfällig und verspätet kommt und denen nicht der Staub der Wirklichkeit anhaftet. Die zurückliegende Mikromagica in Groß-Gerau war für mich so ein Moment. Nach dem Wunsche des gastgebenden Vereins Kulturcafé e.V. war die Veranstaltung vom traditionellen Termin am Samstag-Abend auf den späten Nachmittag eines Sonntags verlegt worden – und ich hatte die Befürchtung, dass das Publikum das wir über nunmehr drei Jahre aufgebaut haben, dieser Verlegung nicht folgen würde. Ich hatte die Befürchtung, dass die frühere Uhrzeit uns mehr Kinder im Publikum bescheren würde, uns die wir allesamt keine Kinderzauberer sind. Alle meine Befürchtungen waren unbegründet!

Der Saal war rappeldicke voll, es mussten zu spät gekommene Gäste am Eingang abgewiesen werden, so voll war er. Die Gäste, die es in den Saal geschafft hatten, waren gut gelaunt, willens sich unterhalten zu lassen, mitzugehen, zu lachen, zu klatschen und Uschi, die sich in die erste Reihe gesetzt hatte, ist jedes Mal bereitwillig mit auf die Bühne gegangen, wenn sie darum gebeten wurde. Hinterher kamen manche Leute noch auf uns zu, um sich noch mal persönlich zu bedanken für den schönen Abend! Die Zuschauer haben uns Künstlern ein Fest bereitet: Wir hätten ihnen applaudieren sollen!

Ich gebe es zu: Die Tatsache, dass es erneut einen Einnahmerekord gegeben hat, war jetzt auch nicht grade ein kleinliches, störendes, ärgerliches Beiwerk – kommen doch die Einnahmen dem Magischen Zirkel zu Gute, der damit die Weiterbildung seiner Mitglieder, seine Nachwuchsarbeit und seine Bibliothek finanziert. Das ist ein sehr, sehr schöner Nebeneffekt.

Schlussendlich gab es noch ein Sahnehäubchen: Der Zauberfreund David Raimicher hatte wesentliche Teile seine Prüfung für die Aufnahme in den Magischen Zirkel vorher absolviert und konnte den Auftritt vor dem tollen Publikum nutzen als letzten Prüfungsteil nutzen: Er hat eine Eins bekommen – zu Recht! Schön, dass Du jetzt dabei bist, David.

So sehr man sich auch bemühen mag, einen Wehmutstropfen zu finden: Dieses Gute und Erwünschte war ungetrübt, es war besser als erwartet, es war nicht erdenschwer, es war die reine Freude. Ich werde versuchen, mir diesen Moment zu bewahren., denn da hat Thomas Mann recht: Sie sind selten!