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Hingabe, Geduld und Hartnäckigkeit

(11. November 2024) Der Philharmonische Verein Frankfurt (z.B. hier vertreten) hat Bruckners 5. Sinfonie sehr schön und gut gespielt, aber wenn Günter Wand und das NDR Sinfonieorchester dieses Werk interpretieren, ist das noch mal was ganz anderes. Wenn die 1. Mannschaft von Viktoria Preussen (z.B. hier vertreten) ein Fußballspiel bestreitet, kann das zweifelsohne sehr unterhaltsam sein, aber wenn Real Madrid mit Cristiano Rolando auf’m Platz steht, ist das noch mal eine ganz andere Nummer.

Der Autor dieser Zeilen ist – metaphorisch gesprochen – beim PHV die siebte Flöte und bei der ersten Mannschaft von Viktoria Preussen der Zeugwart, soweit sich das auf die Zauberkunst übertragen lässt: Was ich kann ist ausweislich ihrer Reaktionen für Zuschauer unterhaltsam und interessant.

Aber dann kommt Luke Jermay und macht ein Seminar und man sieht Günter Wand und Cristiano Ronaldo – und Pablo Picasso und Albert Einstein und Mahatma Gandhi – in einer Person. Man sieht jemanden, der Zauberei als Kunst und Wissenschaft auf höchstem Niveau betreibt, der mit Hingabe „sein Ding“ macht, und der offenkundig mit endloser Geduld und erheblicher Hartnäckigkeit daran arbeitet.

Nun kann man als Fußballspieler in der dritten Kreisklasse B nicht so spielen wie Cristiano Ronaldo, aber man versteht sein Genie – und anders als Nicht-Sportler hat man eine Ahnung davon, wieviel Arbeit der Mann investiert haben muss! Und so können alle Anwesenden nach meinem Eindruck sehr genau ermessen, was für einen geilen $ch€|ß der Luke Jermay hier vorstellt – ohne notwendigerweise in der Lage zu sein, irgend etwas ins eigene Repertoire übernehmen zu können. Der Mann ist offenkundig ein Besessener, der endlos Detailarbeit in seine Effekte investiert: Für einen Karteneffekt, der etwa sieben, acht Minuten dauert, bietet er ein Erklärvideo mit einer Laufzeit von zwei Stunden an!

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Lustig, lustig, lustig …

„Ach, Sie sind Zauberer – wir haben im Sommer immer dieses Kinderfest, da könnten Sie doch …“ – ein Satz, den viele Zauberer fürchten, zumal er häufig von Gagengeboten wie: „Sie können sich dann auch am Buffet bedienen!“ begleitet wird.

Erst im letzten Herbst hatten wir uns mit dem Thema Kinderzauberei auseinandergesetzt (hier) und mit einem der unseren, Nobert Hornauer, darüber gesprochen, was Zaubern für Kinder ausmacht. Jetzt war Silly Billy da, eine der internationalen Autoritäten in Sachen Kinderzauberei. Der Mann ist im Weißen Haus aufgetreten und bei David Letterman, was natürlich viel mehr wert ist. Er entwickelt eigene Zaubertricks für Kinder (siehe zum Beispiel hier), unterhält ein Blog, schreibt für Fachzeitschriften und reist gelegentlich um die Welt, um sein Wissen auf Konferenzen und Seminaren zu teilen – so wie mit uns. Er macht es schon das eine oder andere Jahrzehnt, also muss er was richtig machen.

Es ist interessant zu sehen, wie systematisch David Kaye, so der bürgerliche Name des Künstlers, an die Konstruktion von Nummern für Kinder herangeht. Der wichtigste Aspekt sei die Interaktion, die Kinder müssen lachen, auf Dinge zeigen, den vermeintlich unaufmerksamen Zauberer auf Fehler hinweisen, klatschen, einen Zauberspruch mitsprechen, mit den Fingern wackeln – und zwar mindestens alle neun Sekunden einmal! Er listet auch minutiös auf, wie man eine Interaktion provozieren kann: Ungeschicklichkeit, der Zauberer tut sich weh, Falschbenennung von Gegenständen, übergroße Requisiten und vieles mehr.

Das ist alles in der Theorie wohlgeordnet und führt in der Praxis zu einer Situation, die für das ungeübte Auge wie ein totales Chaos aussieht, (wie zum Beispiel hier) – bei einer Lautstärke eines startenden Düsenjägers – bei voller Beladung – mit Nachbrenner …

Natürlich gibt es Fragen zur geringen Aufmerksamkeitsspanne von Kindern, zu „ungezogenen“ und vorlauten Kindern, zu Kindern, die immer näher an den Zauberer heranrücken, zu Seilabsperrungen und Regeln wie: „Ich rufe nur Kinder zu mir auf die Bühne, die sich anständig verhalten und ruhig sitzen bleiben“. Die überraschende Antwort: Gibt es nicht, brauche ich nicht, kommt bei mir nicht vor!

Meine Erklärung dafür ist, dass Silly Billy das von anderen Zauberern als unerwünscht angesehene Verhalten der Kinder geradezu herausfordert und zum Bestandteil seiner Nummern macht und dass es alle neun Sekunden (s.o.) etwas zu tun oder zu sehen gibt für die Kinder; so kurz kann niemandes Aufmerksamkeitsspanne sein.

Ja, das geht ein wenig zu Lasten des zauberischen Gehaltes, ja, das ist an vielen Stellen sehr viel Clownerie und Silly Billy ist der Erste, der das zugibt. Aber der Wurm muss nun mal dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Uuuuuund: Man muss als Künstler dafür gebaut sein, dass kann nicht jeder. In der Zeit, die unsereins braucht, die Prämisse des Becherspiel zu erläutern, hat Silly Billy schon 12 Gags rausgehauen und sein Publikum hat einen 160-er-Puls. Je nun: Als Künstler ist es mindestens so wichtig zu wissen, wer man nicht ist, wie zu wissen wer man ist. Ich habe dazugelernt!

P.S.: Auf dem Photo betet unser erster Vorsitzender nicht – glaub‘ ich …