Wie ein Tieflader mit Porzellan

(15. September 2025) Wenn wir einen Zaubereffekt vorführen, plappern wir drauf drauflos – unsere Spontaneität und unser Witz wird uns schon retten – oder lernen wir den Text zu einer Nummer auswendig, wie ein Gedicht? Oder nehmen wir gleich den Vortrag, der beim gekauften Trick dabei war, den der sich so anhört, als hätte ChatGPT ihn nach einem Schlaganfall geschrieben? Naja, ein Skript, ein durchdachter Vortrag, der einen Effekt in einen Kontext stellt ist schon ganz schön, eine Geschichte, die dem Effekt eine Bedeutung über das unmittelbare Erleben hinaus gibt.

Ein Skript, so lernen wir, kann der äußeren Form nach vieles sein: Ein paar Stichworte auf einem Zettel oder ein komplettes Drehbuch. Welche Ausführlichkeit gut und richtig ist, entscheidet jeder selber, da gibt es keine generell gültige Handreichung. Aber der hochgeschätzte Zauberfreund Harry Keaton lässt uns an diesem Zirkelabend teilhaben an seinem kreativen Prozess und so sehen wir, wie seine Skripte entstehen – und der macht das irgendwie anders als ich: Cool!

Ein Skript, wenn es zu umfangreich und wort- oder philosophielastig ist, kann aber auch sein, wie ein Tieflader, der zum Polterabend einen Haufen Porzellan ablädt: Hat keiner bestellt, braucht keiner, steht aber trotzdem vor der Tür. Magische Untertitel („Hier habe ich eine Münze – die Münze verschwindet -hier erscheint die Münze wieder – jetzt sind es zwei …“) sollen es aber auch nicht sein und so führt Harry uns auf einem schmalen Pfad zwischen dem „zu wenig“ und dem „zu viel“ hindurch.