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Wie ein Tieflader mit Porzellan

(15. September 2025) Wenn wir einen Zaubereffekt vorführen, plappern wir drauf drauflos – unsere Spontaneität und unser Witz wird uns schon retten – oder lernen wir den Text zu einer Nummer auswendig, wie ein Gedicht? Oder nehmen wir gleich den Vortrag, der beim gekauften Trick dabei war, den der sich so anhört, als hätte ChatGPT ihn nach einem Schlaganfall geschrieben? Naja, ein Skript, ein durchdachter Vortrag, der einen Effekt in einen Kontext stellt ist schon ganz schön, eine Geschichte, die dem Effekt eine Bedeutung über das unmittelbare Erleben hinaus gibt.

Ein Skript, so lernen wir, kann der äußeren Form nach vieles sein: Ein paar Stichworte auf einem Zettel oder ein komplettes Drehbuch. Welche Ausführlichkeit gut und richtig ist, entscheidet jeder selber, da gibt es keine generell gültige Handreichung. Aber der hochgeschätzte Zauberfreund Harry Keaton lässt uns an diesem Zirkelabend teilhaben an seinem kreativen Prozess und so sehen wir, wie seine Skripte entstehen – und der macht das irgendwie anders als ich: Cool!

Ein Skript, wenn es zu umfangreich und wort- oder philosophielastig ist, kann aber auch sein, wie ein Tieflader, der zum Polterabend einen Haufen Porzellan ablädt: Hat keiner bestellt, braucht keiner, steht aber trotzdem vor der Tür. Magische Untertitel („Hier habe ich eine Münze – die Münze verschwindet -hier erscheint die Münze wieder – jetzt sind es zwei …“) sollen es aber auch nicht sein und so führt Harry uns auf einem schmalen Pfad zwischen dem „zu wenig“ und dem „zu viel“ hindurch.

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Do your thang!

(16. Juni 2025) Zauberer spielen manchmal mit Strippern und das ist nichts Unanständiges, und wenn Zauberer sich an einem speed dating beteiligen, hat das nichts mit Partnersuche zu tun. Es handelt sich um ein Konzept das dazu führt, dass man innerhalb sehr kurzer Zeit sehr viel feedback zu einer Routine, einer Technik oder irgendeinem Problem bekommt. Man findet sich nämlich immer 1-zu-1 zusammen und zeigt seinem jeweiligen Gegenüber eine Routine, eine Technik oder ein Problem, schaut sich seine Routine, seine Technik oder sein Problem an – und dann diskutiert man: War das gut so? Sollte man was anders machen? Warum? Wo kann man das nachlesen?

Das hört sich jetzt relativ trivial an, das ist es unter Zauberern aber nicht, denn wir sind alle individualistische Künstler mit einem nicht ganz kleinen Ego. Die Wissenschaft nimmt sich zwar immer mehr der Zauberei an, aber viele Meinungen zu einer Routine, einer Technik oder einem Problem sind eben nur genau das: Subjektive Meinungen. Sich siebenmal am Abend der Meinung eines Anderen und gegebenenfalls seiner Kritik auszusetzen, setzt ein gewisses Vertrauen voraus. Das scheinen wir im Zirkel zu haben, zu mindestens unter denen, die zu einem Zirkelabend kommen. Das freut mich!

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Der Chef spricht

(2. Juni 2025) Er spricht nicht nur, unser Vorsitzender Andreas Fleckenstein, er referiert, er erklärt, er stellt Bezüge her, er berichtet aus der Geschichte: Eine Übersicht über das, was wir Zauberer auf gut Deutsch „parlour magic“ nennen. Und es ist ein Vortrag mit Projektor und Skript und allem Drum und Dran – also eher ein Seminar, als ein Zirkelabend. Es ist halt cool, so jemanden wie den Andreas zum Vorsitzenden zu haben, der solche Sachen drauf hat. Wie immer, wenn Andreas einen Abend gestaltet, ist viel Material im Spiel und das kann vielleicht auch nicht anders sein, wenn man wie er Miteigentümer eines Zaubershops ist (Secret Magic Store – Zauberartikel online kaufen). Das ist super, denn so gibt es zu vielen Definitionen und Theorien sofort ein anschauliches Beispiel.

Ich persönliche liebe solche Abende, denn ich gehe aus ihnen heraus und denke: „Donnerknispel, jetzt biste mal wieder richtig schlau gemacht worden!“. Das ist natürlich eine eklatante Selbstüberschätzung und ein Paradebeispiel für den Dunninger-Kruger-Effekt (Dunning-Kruger-Effekt – Wikipedia), aber was soll’s, ich fühle mich gut dabei …

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Zettelwirtschaft oder „paper economy“

(23. Mai 2025) Zauberer lieben Anglizismen. Aus einem Kartenspiel wird ein „Deck“, eine geheime Bewegung ist ein „Move“ und ein einfacher Zettel ist eben ein „Billet“. Und was man mit Billets alles machen kann, war Thema unseres letzten Zirkelabends, den wir aufgrund des guten Wetter kurzerhand nach draußen verlegten.

Unser Mitglied und ausgewiesener Experte im Bereich Billet-Magic Alex Morgenthau hatte einen schönen und kurzweiligen Abend zusammengestellt. Statt öder Theorie wurde es direkt praktisch. Alex führte Routinen aus seinem Programm und neue Ideen vor. Die Erklärungen waren verbunden mit vielen praktischen Tipps aus seiner Vorführerfahrung. Es ging um das richtige Papier und die passenden Stifte, um geheime Moves und den cleveren Aufbau von Routinen. Alles durfte selber ausprobiert werden und Alex stand auch nach Ende seines Vortrags noch für Fragen zur Verfügung.

Es ist toll zu sehen, wenn Mitglieder aktiv werden und einen solchen Abend gestalten, um uns an ihrem Wissen teilhaben zu lassen. Jeder der anwesenden Zauberkollegen hat an diesem Abend was dazu gelernt. Kurz gesagt: Die lecture war nice!

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Haarspalterei

(7. April 2025) Ich würde es so gerne sagen, aber ich darf nicht! Ich darf nicht sagen, was wir an diesem Zirkelabend gemacht haben, denn das wäre Trickverrat und das ist ja aus guten Gründen beim Magischen Zirkel „Bäh!“. Gebastelt haben wir, soviel kann man vielleicht schon sagen, und dass es eine total nerdige Angelegenheit war. Angeleitet hat uns unser Anwärter Lennard Fabricius: In Bezug auf das Fachgebiet das er sich erwählt ist der Mann alles, nur kein Anwärter! Lennard hat uns sehr kundig und sehr engagiert durch das Thema geleitet und uns vor allem anderen „ans Arbeiten“ gebracht. Jeder Schritt seiner Erläuterungen wurde von einer Übung begleitet, die jeder von uns Teilnehmern sofort ausprobieren konnte. Und es gab sofortige Erfolgserlebnisse! Wir haben beieinander gesessen und uns wie die Schneekönige über unsere Heimwerkerergebnisse gefreut. Wie gesagt: Total nerdig …

Im Angesichte dessen, dass muss ich leider so klar sagen, war die geringe Beteiligung an dem Abend eine Schande!

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Recycling

(17. März 2025) Erst sah’s ja nicht so aus, dann aber doch. Erst war der Saal ein wenig leer, aber dann kamen sie doch in größerer Zahl, die Zauberfreunde, die an der Versteigerung teilhaben wollten. Was wurde versteigert? Naja, einige Zauberfreunde haben das angeboten, was wir alle im Schrank liegen haben, tief unten: Die Zaubersensationen vergangener Jahre, die Effekte, die man nie vorgeführt hat, weil sie doch nicht zum eigenen Repertoire gepasst haben oder die Requisiten doch nicht so traumschön aussahen – oder es dann doch eher ein Spielzeug war (das solls’s ja geben) …

Es waren aber auch ein, zwei absolute Schätze dabei wie zum Beispiel das häufig gesuchte, aber nicht mehr aufgelegte Buch „New Wave Close-Up“ von Thomas Hierling, für das man antiquarisch schon mal ein Vermögen ausgibt oder einen sehr alten Effekt vom Hersteller Collectors Workshop.

Der langen Rede kurzer Sinn: Es wird ein schöner Abend (an dem auch tatsächlich gesteigert wird!) an dem die meisten ihren Spaß haben.

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Hey, du alte Schachtel!

(3. Februar 2025) Alles neu macht der – Februar. Zu mindestens unser Zirkellokal hat er neu gemacht, musste er notgedrungen neu machen, war doch unser bisheriges Zirkellokal, in dem wir 23 Jahre residieren durften, durch einen Wasserschaden in ein benachbarten Garage so in Mitleidenschaft gezogen worden, dass eine weitere Nutzung nicht mehr möglich schien.

Das neue Zirkellokal ist eines der Vereinsheime des Kleingartenvereins Am Marbachweg und der erste Abend dort war natürlich spannend. Es lässt sich soviel sagen: Der Abend verlief unfallfrei, niemand wurde ernsthaft verletzt, Traumata hat niemand davongetragen.

Worum ging’s der Sache nach? Um einen Spezialfall des Effektes „Karte an unmöglichen Ort“, nämlich um „die „Spielkarte in irgendeine Schachtel“. „Naja gut,“ denkt man sich: „Karte wird ausgewählt, Karte verschwindet, Karte taucht in einer Schachtel wieder auf, die die ganze Zeit auf’m Tisch gelegen hat – fertig.“ So weit, so falsch – oder besser gesagt: so unvollständig. Denn was schnell klar wird: Der Plot ist offensichtlich so faszinierend, dass sich viele Zauberer daran versucht und Beiträge geliefert haben. Man staunt über die Vielfalt der Methoden, der Feinheiten und der kleinen Helferlein, die zur Hervorbringung des geschilderten Effektes ersonnen wurden.

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Man kann viel sehen, wenn man nur zuschaut.

(7. Oktober 2024) Zauberer als Publikum für Zauberer sind furchtbar: Die kennen alles, die haben schon alles gesehen, die gucken immer dahin, wo sie nicht hingucken sollen. Wenn man diese Zauberer dann auch noch um ein feedback bittet, dann geht erst recht die Post ab. Als in der Regel allein arbeitender, darstellender Künstler, weiß natürlich jeder Zauberer, wie’s richtig geht und wie’s besser geht – und scheut sich nicht, das klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen. Das ist auch und insbesondere bei JeKaMi-Abenden so, also bei Zirkelabenden, die unter dem Motto stehen: „Jeder kann mitmachen“. Feedback geben, das merkt man dort, will gelernt sein. Im besten Fall ist feedback wertschätzend, nachvollziehbar und konstruktiv – und in allen nicht ganz so guten Fällen ist es das nicht. Die Zauberer, die am JeKaMi-Abend teilgenommen haben, hatten sich auf den Vorschlag des Zauberfreundes Alex Morgenthau mal an einer feedback-Technik des Zauberfreundes Gaston versucht, der einerseits bereits sehr viele andere Zauberer gecoached hat und andererseits genau zu diesem Thema soeben einen Artikel in der „Magie“ (dem Mitgliedermagazin des Magischen Zirkels Deutschland) hatte. Diese Technik verwendet zwei Runden: In der ersten Runde gibt man zunächst wieder, was man gesehen hat ohne das zu werten, in der zweiten Runde formuliert man sein feedback, indem man sagt: „Ich würde mir wünschen …“ – womit man ein wenig aus dem rein defizit-orientierten „Abkanzeln“ rauskommt. Das hat gut funktioniert nach meiner Wahrnehmung, kann so in den Kanon aufgenommen werden.

Die Überschrift stammt übrigens von Yogi Berra, einem amerikanischen Baseballspieler und -manager, der durch seine kuriosen, ungewollt witzigen Zitate bekannt geworden ist. Seine Aussprüche und die von anderen Leuten, die eine ähnliche Qualität haben, werden „Yogiisms“ genannt. Weitere Yogiisms sind: „Ich habe nicht alles wirklich gesagt, was ich gesagt habe.“ und: „Es ist schon wieder wie ein Déjà-vu.“

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Wer lesen kann, ist im Vorteil!

(16. September 2024) Wir befinden uns im Jahre 2024 n.Chr. Ganz Zauber-Deutschland schaut Anleitungsvideos … Ganz Zauber-Deutschland? Nein! Ein von unbeugsamen Frankfurtern bevölkerter Ortszirkel hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten und liest statt dessen Bücher über das Zaubern.

Spaß beiseite: Haben Bücher in der Zauberkunst noch eine Berechtigung in Zeiten der Penguin Lectures, der DVDs und sonstigen Downloads? Wenn man bei dem Zirkelabend war, über den hier zu berichten ist: Eindeutig ja! Alle Anwesenden hatten – natürlich – nicht nur ein Buch mitgebracht, sondern mehrere. Es waren einige „übliche Verdächtige“ dabei, wie zum Beispiel Rope Magic von Francis Tabary – kein Wunder, das Ding ist so schön und so klar gezeichnet, das musste irgendjemand mitbringen. Genauso wie Vortex von Tom Stone – aus fast denselben Gründen. Aber es waren auch verborgene Schätze dabei, wie zum Beispiel ein eBook exklusiv über eine bestimmte Methode der Mentalzauberei, von der man selber vielleicht 10 Varianten kennt: Das Buch hat über 800 Seiten!

Aber das aller-spannendsten war es, zu hören, was der Einzelne mit einem Buch verbindet, was es ihm bedeutet: Wann hat er es entdeckt? Was hat er daraus gelernt – oder auch nicht?

Alles in Allem: Ein Hoch auf das Buch, Totgesagte leben länger, Bücher sind noch diesseits der Wupper, no time to die, Bücher betrachten die Radieschen noch von oben, sie haben den Löffel noch und singen nicht in Elvis‘ Chor.

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Hier biegen sich nicht die Balken!

(3. Juni 2024) Esoterik und der Glaube an paranormale Phänomene schadet allen Menschen, aber uns Zauberern in besonderem Maße, weil Menschen, die sich in einem solchen Glaubenssystem verirrt haben oder paranormale Phänomene nicht für ganz und gar unmöglich halten, uns unsere Kunstfertigkeit und unser Unterhaltungspotential absprechen – naja, ist halt eine Gabe, die der Eine hat und der Andere nicht.

Niemand hat einer Sparte der Zauberkunst damit so erheblich, so nachhaltig und so im Alleingang geschadet, wie ein mittelmäßiger Zauberer aus Tel Aviv, der das Genre des Metallbiegens esoterisch umgedeutet und paranormale Fähigkeiten für etwas in Anspruch genommen hat das ganz klar wohlbekannte Zaubereffekte waren und sind. Aber der Mann kann halt Marketing und darin ist er nicht mittelmäßig.

Dass das Genre des Metallbiegens eine interessante Tradition hat, die nicht bei der Ausstattung der Besteckschublade aufhört, sondern auch Requisiten wie Verkehrsschilder oder Eisenbahnschwellen umfassen kann, dass es ein reiches Repertoire an Effekten und Methoden gibt, hat uns der Zauberfreund Holger Ludwig im Rahmen eines Zirkelabends erläutert und selbst die Nicht-Bieger zum Biegen gebracht. Dabei ging es nicht nur um das Offensichtliche (wie macht man’s?) sondern auch um das Subtile: Warum macht man’s? Wie lange braucht der Effekt, um sich nach der Wahrnehmung der Zuschauer zu entfalten, sich zu manifestieren? Muss es beim table hopping eine Gabel, ein Löffel vom Tisch des Gastgebers sein? Was ist mir Schlüsseln: Sollte man welche von Zuschauern nehmen? Ist das Verbiegen von Münzen im Vergleich irgendwie anders? Wie man sieht, ist das Metallbiegen viel zu schade, um in die Eso-Ecke gedrängt zu werden!

P.S.: Wer des Englischen mächtig ist und englischen Humor mag, sollte sich mal diesen Sketch aus der Reihe „A little bit of Fry and Laurie“ anschauen. Für die Jüngeren: Jaaa, das ist Dr. House …